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Online-Vortragsreihe | Transfer neu denken
21. Januar 2021 | 18:00 - 1. Juli 2021 | 19:30
Transfer neu denken
Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften in der Gesellschaft
Seit der Jahrtausendwende hat sich die Welt radikal verändert: Kurz nach dem Fall der Berliner Mauer prognostizierte der US-amerikanische Politikwissenschaftler Francis Fukuyama noch das Ende der Geschichte. Die anfängliche Euphorie angesichts eines möglichen Systemwandels scheint heute einem globalen Pessimismus gewichen zu sein. Der Zeitenlauf ist nicht zum Stillstand gekommen. Im Gegenteil: Die kritischen Ereignisse überschlagen sich. Die Krise des globalen Finanzsystems, die fortschreitende Erderwärmung, eine weltweit grassierende Pandemie oder das Erstarken autoritärer Systeme sind nur einige der Herausforderungen, die Wissenschaft und Gesellschaft intensiv beschäftigen.
In einer Zeit, in der die sozialen, kulturellen, ökonomischen und ökologischen Herausforderungen zunehmen, sind die Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften gefragt, aktiv zu deren Bewältigung beizutragen. Doch welche Rolle kommt ihnen künftig zu? Muss ihr Verhältnis zur Gesellschaft angesichts der aktuellen Herausforderungen neu gedacht werden? Braucht es alternative Formen der Kooperation oder der gesellschaftlichen Teilhabe an Erkenntnisprozessen? Neue Formen der inter- oder der transdisziplinären Zusammenarbeit?
Wir laden Sie ein, gemeinsam mit den Referentinnen und Referenten der Online-Vortragsreihe tradierte Rollenverständnisse der Wissenschaften, aber auch überkommene Erwartungshaltungen kritisch zu diskutieren. Wir fragen: Welchen Beitrag können die Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften leisten? Und wie kann der Ideen-, Wissens- und Technologietransfer zwischen den Disziplinen und mit gesellschaftlichen Akteuren gelingen?
Transfer neu denken – Flyer mit Programm PDF
Transfer neu denken – Flyer mit Programm PDF (DIN A4 zum Ausdruck)
Teilnahme und Anmeldung:
Die Veranstaltungsreihe findet online statt und wird über das Videokonferenz-Tool Zoom sowie über die YouTube- und Facebook-Kanäle der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt übertragen. Bitte melden Sie sich für eine aktive Teilnahme an der Veranstaltung in Zoom vorab an. Sie können dadurch direkt an der anschließenden Diskussion teilnehmen.
Anmeldung zur gesamten Vortragsreihe über Zoom:
Nach Angabe Ihres Vor- und Nachnamens und Ihrer E-Mail-Adresse erhalten Sie zunächst eine Bestätigungsmail. Die jeweiligen Zoom-Links, die zu den einzelnen Vortragsterminen führen, erhalten Sie stets unmittelbar vor den Vorträgen. Ihren Namen benötigen wir, um eine Gästeliste für die Zoom-Meetings erstellen zu können und Ihnen als Teilnehmenden Zutritt zu gewähren.
(Die Veranstaltung liegt in der Vergangenheit. Der Anmeldezeitraum ist bereits geschlossen)
Live-Stream ohne Anmeldung:
Wenn Sie der Veranstaltung online im Live-Stream folgen möchten, ist keine Vorab-
Anmeldung erforderlich. Den Live-Stream finden Sie auf folgenden Webseiten:
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YouTube-Kanal der KU:
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Terminübersicht:
21.01.2021, 18 Uhr
Prof. Dr. Claus Leggewie: Planetar denken. Eine Herausforderung für die Geisteswissenschaften.
Die Conditio Humana zu bestimmen, war der Monopolanspruch der Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften: Im Mittelpunkt der Mensch. Protagonisten der politischen Ökologie mahnten eine Korrektur an: „Was das neue Klimaregime in Frage stellt, ist weniger der zentrale Ort des Menschen als seine Zusammensetzung, seine Präsenz, seine Konfiguration“ (Latour). Die Souveränitätsillusion individueller und kollektiver Akteure steht auf dem Prüfstand und kehrt die Frage nach dem Verhältnis von Prinzipal und Agent um: Menschen haben tief in den Planeten eingegriffen und sind selbst zu einer geologischen Macht geworden, aber sie finden keinen Weg aus der von ihnen verursachten Zerstörung ihrer Umwelt. Interdisziplinäres planetares Denken eröffnet hier neue Denkräume und Perspektiven.
11.02.2021, 18 Uhr
Prof. Dr. Armin Grunwald: Die Geistes- und Sozialwissenschaften angesichts großer gesellschaftlicher Herausforderungen: distanzierte Beobachtung oder transformatives Engagement?
Der Umgang mit aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen wie nachhaltige Entwicklung, Klimaschutz und schneller Digitalisierung bedarf wissenschaftlichen Wissens. Es geht um das Verstehen der Veränderungen, um Reflexion und Wissen zum Handeln. Umstritten ist, ob die Wissenschaften sich dabei auf ihre traditionelle Rolle des Lieferanten von Erkenntnis beschränken dürfen, oder ob sie nicht selbst aktiv werden soll, z.B. im Hinblick auf gesellschaftliches und politisches Engagement. Im Vortrag werde ich diese allgemeine Frage auf die Rolle der Geistes- und Sozialwissenschaften, näherhin der Philosophie angesichts der Transformation hin zu einer nachhaltigeren Entwicklung zuspitzen.
25.03.2021, 18 Uhr
Prof. Dr. Eva Geulen: Geisteswissenschaften heute: Ihr Sollen, Wollen, Können – und ihr Unvermögen
Im ersten Teil des Vortrags wird es, eher theoretisch, um die Vorgeschichten der Erwartungshaltungen gehen, die bei der Frage nach der gesellschaftlichen Relevanz der Geisteswissenschaften heute eine Rolle spielen. Im zweiten Teil werden, eher praktisch, Fallbeispiele geisteswissenschaftlicher Grundlagenforschung vorgestellt.
15.04.2021, 18 Uhr
Prof. Dr. Sabine Maasen: Integrative Wissenschaft: Das unmögliche Projekt?
Mit Partizipation, Nachhaltigkeit oder Responsivität verknüpft sich der stets erneuerte Anspruch, zur Lösung komplexer Problemlagen gesellschaft¬liche Akteur*innen mit ihrem Wissen und ihren Werten in die Forschung einzubeziehen. Darüber hinaus engagieren sich neuerdings Hochschu¬len in der Leistungsdimension Transfer, um ihre Wissenschaft mit ihrem gesellschaftlichem Öko¬system in den Austausch zu bringen – ebenfalls mit immer neuen Konzepten. Das wissenschafts¬politische Kon¬strukt Großer Herausfor¬derungen plausibilisiert diese Dynamik zwar, beruhigt sie jedoch nicht. Das liegt nicht zuletzt an den inhärenten Spannungen integrativer Wissenschaft, die auch die Versuche der hochschulischen Institutionali¬sierungen dieses Anspruchs nicht unberührt lässt.
20.05.2021, 18 Uhr
Prof. Dr. Barbara Buchenau: „Heroisch Scheitern in den besten und schlechtesten aller möglichen Welten“
Anforderungen an eine transdisziplinäre Narratologie
Nichts besticht mehr als eine herzerwärmende Erfolgsgeschichte, so die Hypothese frappierend vieler Entscheidungsgremien in westlichen Demokratien. Spätestens seit der Postmoderne floriert das affektive storytelling als gestalterisches Verfahren in Politik und Wirtschaft (Reckwitz 2018). Die literarischen Blaupausen des politischen Umbruchs, des gesellschaftlichen Aufbruchs oder des ökologischen Umlenkens handeln allerdings von Figuren, die ebenso widersprüchlich und unergründlich sind wie ihr Umfeld. Es sind Figuren, die weder gewinnen, noch es richtig machen können und die gerade deshalb überzeugen und inspirieren. Die Literatur- und Medienwissenschaften entwickeln in Auseinandersetzung mit diesen und in Zusammenarbeit mit ihren Partner*innen aus Politik, Bildung und Wirtschaft eine transdisziplinäre Erzählforschung, die sich dieser gestalterischen Macht des gesamtgesellschaftlichen storytelling annimmt.
17.06.2021, 18 Uhr
Prof. Dr. Hartmut Rosa: Best Account: Die Krise der Spätmoderne und die Rolle der Gesellschaftstheorie
Es kann kein Zweifel mehr daran bestehen, dass die Gesellschaftsformation der Moderne im 21. Jahrhundert in eine Krise geraten ist. Diese zeigt sich am deutlichsten in der ökologischen Dimension, aber sie ist auch in der politischen Verfassung und im Blick auf die Mikroebene der Subjekte identifizierbar. Provokativ zusammenfassen lässt sie sich in dem Argument, dass die Wachstums- und Beschleunigungszwänge – also die Imperative dynamischer Stabilisierung – zu einem Aufheizen (burn up) der ökologischen und politischen Atmosphäre und zu einem Ausbrennen (burn out) der Subjekte führen. Welchen Beitrag kann eine Theorie der Gesellschaft zu ihrer Überwindung leisten? Der Vortrag will zeigen, dass die Soziologie kein abstraktes theoretisches Wissen auf gesicherter methodischer Basis liefern kann, dem dann nur zu folgen wäre, sondern dass sie versuchen muss, auf der Grundlage aller verfügbaren Informationsquellen eine bestmögliche Deutung (best account) unserer gesellschaftlichen Lage zu formulieren und diese dann in der kritischen Diskussion und im Austausch mit Akteuren aller möglichen gesellschaftlichen Gruppen zu korrigieren und weiterzuentwickeln.
01.07.2021, 18 Uhr
Prof. Dr. Ina Kerner: Die alte politische Mission: Zu den gesellschaftlichen Aufgaben kritischer Lehre und Forschung
Seit ein paar Jahren ist vermehrt von der sogenannten „Third Mission“ die Rede, von einer dritten Mission der Hochschulen, die im 21. Jahrhundert neben Forschung und Lehre trete. Glaubt man dem Centrum für Hochschulentwicklung (CHE), geht es dabei in erster Linie um angewandte Wissenschaften und deren Transfer in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Ina Kerner wird in ihrem Vortrag eine andere Perspektive stark machen und sich dabei auf akademische Disziplinen und Traditionen beziehen, für die eine politische Mission von jeher konstitutiv war: die Politikwissenschaft in ihrer westdeutschen Neugründung als Demokratiewissenschaft in den Jahren nach der nationalsozialistischen Herrschaft, die britischen Cultural Studies, die sich unter anderem mit den gesellschaftlichen Effekten des Kapitalismus und den Spätfolgen des Kolonialismus befassen, und die Gender Studies als transdisziplinäre Auseinandersetzung mit Geschlechterverhältnissen.