Debatten um Migration werden oft losgelöst von wissenschaftlichen Erkenntnissen geführt. Anlässlich dessen präsentierten am Dienstag, den 17.10. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Zentrums Flucht und Migration (ZFM) verschiedene Spannungsfelder auf Basis ihrer eigenen Forschung im Rahmen einer Podiumsdiskussion. Moderiert und begleitet wurde die Veranstaltung von Mensch in Bewegung (Dr. Daniel Zacher) und den Mitarbeiterinnen der Kommunalen Jugendarbeit Martina Asam und Melike Bozlak. Die Veranstaltung war als Start der Wintervortragsreihe „In Gesellschaft“ des ZFM und der Eichstätter „Wochen zur Demokratie“ zudem der Auftakt zu einer Veranstaltungsserie mit elf ganz unterschiedlichen Veranstaltungen.
Mehr als 30 Personen diskutierten gemeinsam mit Dr. Floris Biskamp, Dr. Tanja Evers und Lea Gelardi (alle ZFM) im KU-Büro für die Bürgerschaft aktuelle politische Entwicklungen wie den Erfolg von Rechtsaußenpartien, Fragen des Kirchenasyls sowie der Erinnerung an den Holocaust.
In der Diskussion stellte zunächst Floris Biskamp seine Erkenntnisse über die Programmatik von Rechtsaußen-Parteien in Europa vor. Er unterschied dabei post-faschistische und eher rechtspopulistische Ansätze. Während mache Parteien sich über die Zeit in ihrem Programm eher mäßigten, sei bei anderen Parteien eine zunehmende Radikalisierung der Positionen zu beobachten, so auch bei der AfD, erklärte Biskamp. In der Diskussion machte er zudem die Geschlechterpolitik und die Grundhaltung zu kapitalistischen und antikapitalistischen Weltanschauungen als Unterscheidungsmerkmale für die Programme solcher Parteien aus. Dr. Tanja Evers erläuterte im Anschluss Erkenntnisse aus ihren Forschungen zu den Strategien von rechten Parteien in den sozialen Medien. Deren Erfolg drücke sich unter anderen in hohen Fanzahlen aus. Evers stellte dar, dass zugespitzte politische Positionen und einfache, klare Botschaften solcher Parteien gut in das Format der sozialen Medien passen und sich andere Parteien schwertäten, hier ebenso erfolgreich zu agieren. Bei alledem agierten rechte Parteien hochprofessionell auf diesen Plattformen und entwickelten ihre Strategien beständig weiter, so Evers.
Lea Gelardi lieferte Einblicke in ihre Forschung zum Kirchenasyl. Sie stellte dar, dass sich das Kirchenasyl über die Jahrhunderte verändert hat. Aktuell haben wir etwa 400 Fälle von Kirchenasyl deutschlandweit. Die Motive für das Engagement im Kirchenasyl seienzfm vortrags mal mehr und mal weniger politisch, meist jedoch eine Art Korrektiv als Reaktion auf rechtliche Härtefälle. In einem zweiten Teil ging es um die Engagementarbeit in der Erinnerungskultur in Deutschland, wie sie das ZFM im Projekt EZRA am Beispiel von Rassismus und Antisemitismus erforscht. In der Diskussion konnten die Besucherinnen und Besucher erleben, dass die Wissenschaft einen wichtigen Beitrag dazu leistet, die Strukturebenen demokratischer Prozesse sichtbar zu machen.
Die Eichstätter „Wochen zur Demokratie“ finden 2023 erstmals statt und laufen noch bis Ende November. In Kinoabenden, öffentliche Diskussionsrunden, verschiedenen Workshops, einer Ausstellung oder einer Rathausführung und einem Repair-Café sind alle eingeladen, egal ob sie nur zuhören oder sich aktiv einbringen möchten. Das vollständige Programm finden Sie auf der Webseite der KU.
Informationen zur Wintervortragsreihe „In Gesellschaft“ des ZFM finden Sie ebenfalls auf der Webseite der KU. Sie steht in diesem Jahr unter dem Motto „Grenzen der Demokratie“.
Foto: Luisa Kolb, ZFM