Vertreterinnen und Vertreter der Stadt und des DGB Ingolstadt, vom Fachdienst Flucht und Migration sowie der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt diskutierten am Dienstagabend mit Bürgerinnen und Bürgern im Collegium Georgianum über Wohlstand, soziale Ungleichheit und Polarisierung in Ingolstadt.
Im Rahmen der Reihe wissen.schafft.wir. DIALOG hatte die KU Eichstätt-Ingolstadt am Dienstagabend verschiedene Ingolstädter Akteure an den Zukunftscampus ins Collegium Georgianum eingeladen. Ausgangspunkt war die Frage, ob angesichts zahlreicher Krisen der letzten Jahre und Monate der Wohlstand in Ingolstadt in Gefahr ist. Zum Einstieg stellte Isfried Fischer, Referent für Soziales, Jugend und Gesundheit der Stadt Ingolstadt, die Entwicklungen von Einkommen und Sozialleistungen in Ingolstadt in den vergangenen Jahre vor. Im Vergleich zu anderen bayerischen Regionen liege Ingolstadt bei den Einkommen im bayerischen Durchschnitt. Ebenso sei man im Bereich des sozialen Wohnungsbaus für die nächsten Jahre gut aufgestellt. Schon heute stehe fast jede 20. in Bayern geförderte Wohnung in Ingolstadt. Ein Anstieg der absoluten Zahlen von Sozialleistungsempfängern in Ingolstadt müsse vielmehr im Kontext gesamtgesellschaftlicher und politischer Entwicklungen gesehen werden. So haben die Krisen der letzten Jahre, etwa die Corona-Krise, gezeigt, dass sich der Abruf unterstützender Leistungen des Sozialstaates wieder nahezu auf dem Ausgangsniveau stabilisiere, sobald der Krisenmodus abgeklungen sei.
„Es braucht Teilhabe durch zivilgesellschaftliches Engagement“
Gemeinsam mit Gabriele Pulm-Muhr, Sozialpädagogin beim Fachdienst Flucht und Migration, Christian de Lapuente, Organisationssekretär des DGB Ingolstadt, und Julia Weymeirsch, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Soziologie und empirische Sozialforschung an der KU Eichstätt-Ingolstadt, diskutierte Fischer anschließend, wie Frieden und soziale Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft gestärkt werden können und wie sich gemeinsam eine lebenswerte Zukunft in Ingolstadt gestalten lässt. Ulrike Brok vom Projekt „Mensch in Bewegung“ moderierte die Runde. Christian de Lapuente unterstrich, dass Wohlstand eine ganz individuelle Bewertung der eigenen Lebenssituation sei. Er beobachte immer wieder, dass Menschen die vielleicht objektiv gesehen viel Besitz oder ein gutes Einkommen haben, nicht selten größte Ängste und Sorgen hätten, diesen Wohlstand zu verlieren. Gabriele Pulm-Muhr ergänzte, dass Wohlstand eng mit dem Zugang zu Bildung und der Teilhabe am kulturellen und gesellschaftlichen Leben verknüpft sei. Mehr noch ginge es nicht allein um die Unterstützungsangebote des Sozialstaates, denn „auch wenn jemand Bürgergeld bezieht, heißt das nicht, dass man nicht in Not kommt“. Julia Weymeirsch unterstrich aus Perspektive der Forschung, dass ein gegenseitiges Sehen und Kennenlernen sowie ein stärkerer Fokus auf Gemeinsamkeiten, denn auf Unterschiede, den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken würden. Die Runde war sich einig, dass miteinander ins Gespräch kommen und gemeinsame Aktivitäten, etwa im Sportverein, ein wichtiger Schlüssel für mehr Miteinander nicht nur in Ingolstadt seien. Sie könnten der zunehmenden gesellschaftlichen Polarisierung entgegenwirken. Gleichwohl räumte Christian de Lapuente ein, dass es immer schwerer werde, Vereinsmitglieder und ehrenamtliche Unterstützerinnen und Unterstützer zu gewinnen. „Es braucht Teilhabe durch zivilgesellschaftliches Engagement“ fasste Pulm-Muhr zusammen.
Wohlstand und Wohlbefinden müssen eng zusammen gedacht werden
Das aufmerksame Publikum stellte anschließend Fragen. Ein Zuhörer wollte beispielweise wissen, wie Ingolstadt auf die vermeintlich bevorstehenden Einschnitte mit der stark auf die Automobilindustrie ausgerichteten Wirtschaft eingestellt sei, zumal entsprechende Zeichen nicht erst seit gestern aus Wolfsburg immer lauter würden. „70.000 bis 80.000 Personen in Ingolstadt arbeiten in der Automobilbranche, dies verursacht große Sorgen in Bezug auf den Wohlstand in der Region“, ergänzte de Lapuente. Es sei auch nicht erkennbar, das Stadt und Region trotz aller Bemühungen ausreichend auf diese Veränderungen vorbereitet seien. In der abschließenden Blitzumfrage im Publikum zeigte sich, dass etwa 40% der Anwesenden mit Blick auf die Entwicklung des eigenen Wohlstandes besorgt in die Zukunft schauen. Jeweils etwa ein Drittel der Teilnehmenden erwartet, dass ihr Wohlstand gleich bleiben oder gar steigen würde.
Die angeregte Runde hat einmal mehr gezeigt, das Wohlstand und Wohlbefinden eng zusammen gedacht werden müssen und sowohl finanzielle, als auch soziale Aspekte Hand in Hand gehen. Wie die zukünftigen Entwicklungen in Ingolstadt sein werden, bleibt abzuwarten. Einen Beitrag für eine konstruktive Debattenkultur in Ingolstadt hat wissen.schafft.wir. DIALOG bereits geschaffen.