Von der Zukunftsvision zur Normalität im Straßenverkehr – das automatisierte Fahren ist längst Realität geworden. Bei seinem Vortrag im Rahmen einer Fachtagung anlässlich des 60jährigen Bestehens des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV) in Linz erklärte Prof. Dr. Andreas Riener von der Technischen Hochschule Ingolstadt (THI) zunächst, wie der aktuelle technische Stand im Hinblick auf das automatisierte Fahren ist. Demnach ist derzeit die sogenannte Automatisierungsstufe 2 („Füße weg, Hände vom Lenkrad“) erreicht. Das bedeutet, dass in definierten Situationen der Fahrer kurzzeitig sowohl Längs- als auch Querführung an das Fahrzeug abgibt. Der Tesla-Autopilot ist ein Beispiel für die Stufe-2-Automatisierung. Aktuell entwickelt und getestet werden die Automatisierungsstufen 3 („Augen weg“) und 4 („Denken weg“). Auch hier gilt, dass der Grad der Automatisierung von der Situation (z. B. Fahrt auf der Autobahn) abhängt und nicht dauerhaft zur Verfügung steht. Erst mit dem vollautomatisierten Fahren (Stufe 5: „Mensch weg“) ist sichergestellt, dass ein Fahrzeug in jeder beliebigen Verkehrssituation und auch unter widrigen Witterungsbedingungen selbständig, d.h. auch ohne Fahrer, durch den Verkehr steuern kann. Bis Stufe 5 zum Einsatz kommt, sind noch viele Probleme und auch rechtliche Rahmenbedingungen zu klären.
Im Rahmen des Vortrags ging Prof. Riener auch auf die Akzeptanz in der Gesellschaft und auf das Nutzerverständnis als wesentliche Erfolgsfaktoren für automatisiertes Fahren ein. Ein System, vor dem sich potenzielle Nutzer fürchten, wird keine flächendeckende Verbreitung finden. Hier setzen Prof. Riener und sein Team im Rahmen des Wissenstransferprojekts „Mensch in Bewegung“ mit ihrer Forschung an: Vieles weist darauf hin, dass der Fahrer/Passagier darüber informiert sein möchte, was das automatisierte Fahrzeug als nächstes vorhat und warum es eine gewisse Aktion vornimmt. Als positiv wird beispielsweise empfunden, wenn dem Fahrer beim automatisierten Überholvorgang bei schlechter Witterung (Nebelwand) mittels Augmented Reality in der Windschutzscheibe angezeigt wird, wo sich andere Fahrzeuge in der Umgebung befinden.
Auch aus ethischer Sicht sind noch zahlreiche Fragen offen. Es wird auch in Zukunft Verkehrssituationen geben, bei der die Möglichkeiten einer Entscheidung jeweils zu einem unterwünschten Resultat (Unfall) führen. In solchen sogenannten Dilemma-Situationen ist es unklar, nach welchen Regeln Entscheidungen zu treffen sind.
Über „Mensch in Bewegung“
„Mensch in Bewegung“ ist ein gemeinsames Transferprojekt der Technischen Hochschule Ingolstadt und der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Mit Partnern aus Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft bauen die Hochschulen ein regionales Netzwerk für den Wissensaustausch in den Themenfeldern innovative Mobilität, digitale Transformation, nachhaltige Entwicklung und bürgerschaftliches Engagement auf. Das Projekt wird im Rahmen der Förderinitiative „Innovative Hochschule“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und dem Land Bayern mit ca. 15 Millionen Euro über fünf Jahre gefördert.