Bei der vorletzten Veranstaltung der diesjährigen Neuburger Nachhaltigkeitsgespräche wurde es regional. Es ging um die Wiederverwässerung der bayerischen Moore, insbesondere um das Donaumoos, die darin liegenden Potenziale für Klimaschutz und Klimaanpassung, aber auch um Herausforderungen insbesondere im Hinblick auf die zukünftige landwirtschaftliche Nutzbarkeit der fruchtbaren Bodenflächen.
Zu Beginn führte Baustoffexperte Prof. Dr. Oliver Blask (THI) ein in die Thematik. Dabei wurde deutlich, dass Bayern seine Moorschutzziele vorerst nicht erreichen wird. Denn dafür müssten etwa ein Viertel der bayerischen Moore wiedervernässt werden. Doch viele Moorflächen – unter anderem im heimischen Donaumoos – sind trockengelegt. Moorboden ist sehr fruchtbar und verspricht ertragreiche Ernten. Entsprechend werden viele Flächen landwirtschaftlich genutzt.
Es ist eine große Herausforderung, Landwirtschaft und Wiedervernässung in Einklang zu bringen. Für Landwirte und Landwirtinnen geht es um wichtige Einnahmequellen und darum, ob und wie Mitarbeitende im Betrieb entlohnt werden können. Das machte Dr. Johann Habermeyer, Landwirt im Nebenerwerb und 2. Bürgermeister der Stadt Neuburg, deutlich.
Eine mögliche Lösung, um mit dieser Herausforderung konstruktiv umzugehen, könnte der Anbau von Pauludikulturen – wie z.B. Schilf oder Seggen – sein. Die Fasern der Pflanzen können etwa in der Baubranche Materialbestandteile aus Kunststoffen, Glas oder Stahl ersetzen, die z.B. in Putzen, Spachtelmasse oder Betonplatten verwendet werden. Und: Auf intakten Moorflächen wachsen Paludikulturen besonders gut. Die Idee ist, auch das lernten die Besucherinnen und Besucher der Veranstaltung, nicht neu: bereits die Römer verwendeten zur Verstärkung beim Bau des römischen Pantheons Pflanzenfasern.
Swantje Furtak, Journalistin und Filmproduzentin, erkennt in der Renaturierung von Moorflächen transformatives Potenzial für Gesellschaften. So konnten in Indonesien beispielsweise das Aufkommen schwerer Moorbrände reduziert werden, indem Moore renaturiert und Moorschutzdörfer gebaut wurden. Auch in Deutschland, so zum Beispiel in Greifswald, wurde Wohnraum in Form eines sogenannten Tiny Houses geschaffen, welcher ausschließlich aus Paludifasern gebaut wurde. Paludifasern, bekräftigte Furtak, können nachhaltiges und kostengünstigeres Bauen vorantreiben.
Wie Paludifasern schon jetzt erfolgreich und marktwirtschaftlich verarbeitet werden können zu Dämmplatten und Schalen, zeigte Gerhard Grande vom Donaumoos Zweckverband anhand von mitgebrachten Samplen. Wiedervernässte Moore sind nicht nur für die Speicherung von Kohlenstoff und somit für das Erreichen der Klimaschutzziele immens wichtig. Sie dienen auch als Wasserrückhalt bei drohenden Überschwemmungen und bieten natürlichen Lebensraum für viele Tierarten.
Die Wirtschaftlichkeit von Paludifasern bleibt jedoch, so wurde in der Debatte deutlich, zumindest im Jahr 2024 (noch) eine Herausforderung. Auch, wenn mit Pflanzenfasern Gewinn erwirtschaftet werden kann, fällt er geringer aus als beispielsweise durch den Verkauf von Kartoffeln. Auch in diesem Nachhaltigkeitsgespräch wurde deutlich: ohne den Staat geht es nicht. Es bedarf staatlicher Förderungen für Landwirtinnen und Landwirte, die die Wiedervernässung der Moore vorantreiben sowie für Partnerunternehmen, die die Nutzung der Paludifasern in der Industrie forcieren.
Dieser Text wurde verfasst von Nadja Noras