Abschluss der Dialogreihe „Wissen in Bewegung“ an der Katholischen Universität
Die Corona-Pandemie hat den Forschungs- und Lehrbetrieb an Hochschulen bundesweit vor enorme Herausforderungen gestellt. Im Rahmen des so genannten Digital-Semesters konnte Lehre an Universitäten nicht wie gewohnt vor Ort stattfinden. Stattdessen hat sich ein rasanter Lernprozess vollzogen, der neue digitale Kommunikationstechnologien in die Lehre, aber auch in die Zusammenarbeit hochschulintern sowie mit externen Partnern hineingetragen hat. Zur Eröffnung des Dialogforums „Wissen in Bewegung“ im April stellte Mitinitiator Prof. Dr. Wolfgang Stark daher heraus: „Wir erleben jetzt eine massive gesellschaftliche Veränderung. Dies wirft die Frage auf: Wie verändern sich Lernen und die Universitäten aktuell?“
Diese Frage leitete die insgesamt sieben Online-Veranstaltungen des Dialogforums „Wissen in Bewegung“ an. Die Gäste der Reihe diskutieren ausgehend davon Chancen und Herausforderungen für eine zukünftige Entwicklung von Hochschulen sowie für eine enge und grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Hervorgegangen ist die Gesprächsreihe aus der bundesweiten Arbeitsgruppe „Hochschulen der Zukunft“, die Teil des Hochschulnetzwerks „Bildung durch Verantwortung“ ist. Organisation und Durchführung erfolgten durch das Projekt „Mensch in Bewegung“ an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Die Pandemie-Zeit hat dazu geführt, dass die Termine der Gesprächsreihe ebenfalls online übertragen und mit Teilnehmenden bundesweit diskutiert wurden.
Zu Gast in den ersten beiden Gesprächen waren Prof. Dr. Uwe Schneidewind und Dr. Thomas Roebke. Schneidewind, der bis Ende April Direktor des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie war, stellte eingangs die Potenziale heraus, die die aktuelle Krise trotz aller Herausforderungen mit sich bringe: Unser Nachdenken über die Möglichkeiten gesellschaftlicher Veränderung werde sich künftig grundlegend wandeln, so der renommierte Nachhaltigkeitsforscher. Die Krise sei der unmittelbare Nachweis dafür, dass eine Wende hin zu einer nachhaltigen Entwicklung realisierbar sei. Dr. Thomas Roebke, Vorsitzender des Sprecherrates des Bundesnetzwerks Bürgerschaftliches Engagement, schloss hieran an: Insbesondere das Konzept der „Reallabore“, das inzwischen bundesweit Anerkennung gefunden hat, befördere den Austausch von Wissenschaft und Zivilgesellschaft, um ein wechselseitiges Lernen zu intensivieren. Auf diesem Weg könne auch das Wissen der Praxis stärker anerkannt und in Forschungsprozesse integriert werden.
Prof. Dr. Daniel Lang und Dr. Annika Weiser, beide von der Leuphana Universität Lüneburg, präsentierten zum Dialogforum das Projekt „Zukunftsstadt“. Gemeinsam mit Kommunen konnten sie Visionen sowie konkrete Maßnahmen für eine zukünftige Stadtentwicklung erarbeiten, die künftig in Reallaboren in den Kommunen umgesetzt werden. Die Reallabore tragen dazu bei, die Zusammenarbeit von Stadtverwaltung, Wissenschaft und Stadtgesellschaft auf eine feste Plattform zu gründen, sodass sich Bürgerinnen und Bürger, aber auch Umweltinitiativen oder der Zukunftsrat der Stadt aktiv und kontinuierlich beteiligen können. Entscheidend für das Gelingen der bereichsübergreifenden Zusammenarbeit sei, so die Forschenden, eine gleichberechtige Beteiligung aller Partner*innen. Die setze, so Annika Weiser, eine hohe Offenheit sowie die Bereitschaft voraus, gegenseitig voneinander zu lernen, um die unterschiedlichen Interessen und Bedarfe von Stadt, Universität und Bürgern zu integrieren. Stark involviert in das Projekt sind auch Studierende, die in Seminaren und Abschlussarbeiten direkt mitwirken konnten.
Wolfgang Stark, Mitbegründer des Hochschulnetzwerkes „Bildung durch Verantwortung“ und Mitinitiator, stellte zum Abschluss der Veranstaltungsreihe „Wissen in Bewegung“ die Rolle neuerer Ansätzen zur gesellschaftlichen Veränderung heraus. Traditionelle Konzepte des Wandels, so Stark, gingen von einem einfachen Zusammenhang von Problem und Lösung aus. Dem entgegen setze eine wirkliche Veränderung keine schnelle Lösung voraus, vielmehr müssten laufende Prozesse verlangsamt werden, um grundsätzliche Veränderung initiieren und gestalten zu können. Der Wandel finde hierbei stets nur mit den Menschen statt. Ein konkreter Ansatz zur Gestaltung von Veränderungsprozessen seien etwa „Service Learning“-Angebote: „Die Idee ist einfach: Hochschullehre wird für Studierende verbunden mit bürgerschaftlichem Engagement.“ Service Learning befähige Studierende so, mit ihrem Wissen, das sie an einer Hochschule erwerben, einen Beitrag zur gesellschaftlichen Entwicklung zu leisten. Die Möglichkeiten einer Hochschule zur Zusammenarbeit mit externen Partnern könne dadurch zugleich erweitert werden. Stark unterstrich hierbei die Bedeutung solcher Formate für den Auftrag der Hochschulen: „Hochschulen sind wesentliche Gestalter unserer gesellschaftlichen Zukunft.“
Weitere Gäste des Dialogforums, die die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit zum Beispiel von Wissenschaft und Zivilgesellschaft diskutierten, waren: Jens Badura, der als Geschäftsführer, Philosoph und Kulturmanager tätig ist, Dr. Raban Daniel Fuhrmann, Inhaber einer Agentur Reformprozesse in Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft sowie Charlotte Venema, die Organisationen im Bereich des organisationalen Lernens begleitet. Die Reihe endete am 31. Juli 2020; eine Fortsetzung ist am Herbst geplant.
Die Online-Dialogreihe „Wissen in Bewegung“ wird im Rahmen der Bund-Länder-Initiative „Innovative Hochschule“ an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt durch das Projekt „Mensch in Bewegung“ in Kooperation mit der Arbeitsgruppe „Hochschule der Zukunft“ und dem Steinbeis-Transferzentrum „Innovation and Sustainable Leadership“ (ISL) umgesetzt. Die sieben Veranstaltungen der Reihe „Wissen in Bewegung“ dienten zugleich zur Vorbereitung der Jahrestagung des Hochschulnetzwerkes „Bildung durch Verantwortung“ im Oktober 2020 an der Evangelischen Akademie Tutzing. Die gesamte Dialogreihe ist online dokumentiert und steht auf der Webseite www.wissen-in-bewegung.de zur Verfügung.