Am 23. Juli lud das KU-Citizen Science Lab zu einem spannenden Roundtable mit dem renommierten Transformationsforscher Prof. Stefan Selke ein. Die Veranstaltung stand ganz im Zeichen von Partizipation, Transformation und Citizen Science. Nach einer Eröffnung des Roundtable durch Prof. Joost van Loon (Lehrstuhl Allgemeine Soziologie und soziologische Theorie, KU) und Einführung in die aktuellen Aktivitäten des KU Citizen Science Labs übernahm Prof. Selke das Wort. Er teilte seine vielfältigen Erfahrungen und Erkenntnisse als Praktiker und Theoretiker einer Öffentlichen Wissenschaft.
In seinem Vortrag bot Selke einen umfassenden Einblick in die Praxis, Theorie und Institutionalisierung der Öffentlichen Wissenschaft. Unter dem ersten Punkt, „Doing Public Science (Praxis)“, beleuchtete er die Herausforderungen und Chancen der öffentlichen Wissenschaft. Hierbei betonte er die Bedeutung außerwissenschaftlicher Publika und disziplinübergreifender Kooperationen, insbesondere zwischen Wissenschaft und Kunst. Er stellte Interventionen im öffentlichen Raum, wie die soziologische Begleitung kontroverser Projekte in den Fokus und sprach über seine Erfahrungen mit Dialogen jenseits von Komfortzonen.
Der zweite Schwerpunkt, „Suche nach dem Überbau (Theorie)“, widmete sich der Öffentlichen Wissenschaft als Beitrag zur großen gesellschaftlichen Transformation. Selke betonte, dass öffentliche Wissenschaft nicht nur Systemwissen erzeugen, sondern auch Ziel- und Transformationswissen gemeinsam mit Akteuren vor Ort entwickeln müsse. Dieses Wissen könne, wie von Uwe Schneidewind und Mandy Singer-Brodowski beschrieben, als Katalysator in Veränderungsprozessen wirken. Damit könne es zur Lösung nicht nur bekannter Probleme beitragen, sondern auch neue, gesellschaftlich relevante Fragestellungen identifizieren und bewerten.
Im dritten Abschnitt, „Public Science Lab (Institutionalisierung)“, diskutierte Selke die Rolle öffentlicher Wissenschaft zwischen Forschung und Transfer. Er sprach über die Notwendigkeit, dass sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Deckung der Institutionen wagen und sich aktiv in gesellschaftliche Diskurse einbringen. Dabei ging es um das Selbstverständnis einer Öffentlichen Wissenschaft und die Herausforderungen, die sie angesichts etablierter Karrierepfade mit sich bringt.
Besonders eindrücklich war Selkes Reflexion über die Öffentliche Wissenschaft als Wissens- und Lebensform. Diese sei gekennzeichnet durch eine erkennbare Haltung, moralische Verantwortung und ethische Beteiligung, die er als „Ästhetik des Eingreifens“ bezeichnete. Abschließend hob Selke die Bedeutung eines empathischen Weltzugangs hervor.
Insgesamt zeichnete Prof. Selke das Bild einer öffentlichen Wissenschaft als Form lokaler Mikropolitik, bei der Dialoge zwischen Wissenschaft und Gesellschaft zu ethischer Beteiligung, moralischer Verantwortung und einer erweiterten Validierung von Wissen führen. Sein Vortrag bot wertvolle Impulse für die zukünftige Gestaltung und Weiterentwicklung einer engagierten, transformativen Wissenschaft. Dies zeigte sich an der auf den Impuls folgenden lebhaften Diskussion unter Kolleginnen und Kollegen aus unterschiedlichen Fachbereichen wie Transfer, School of Transformation and Sustainability, Soziologie, Politische Bildung oder auch dem Zentrum für Ehe und Familie.